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Mit Flyern gegen den Botschaftszwang: Berliner AktivistInnen protestieren gegen Passregelung

Mit Flyern und vielen Gesprächen hatte am gestrigen Donnerstag eine Gruppe von AktivistInnen in Berlin erneut auf die Probleme einer Passregelung für Geflüchtete aus Syrien aufmerksam gemacht. Geflüchtete, bei denen die Pässe des Heimatlandes abgelaufen sind oder abzulaufen drohen, müssen ihre Papiere bei der syrischen Botschaft verlängern lassen. Dieses betrifft vor allem Menschen, die “nur” einen subsidiären Schutzstatus haben. Diese stehen seit Mai diesen Jahres in der Beweispflicht, dass ein Besuch der syrischen Botschaft in ihrem individuellen Fall unzumutbar ist. Zuvor hatte die Ausländerbehörde relativ unkompliziert Reisepässe für Ausländer als Ersatzdokumente ausgestellt.

 

Die zunehmend restriktive Politik in Flüchtlingsfragen hat ganz unmittelbare Auswirkungen für Betroffene: Wurden nach Angaben von Pro Asyl im Jahr 2015 noch nahezu 100% der Geflüchteten aus Syrien als Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt, sinkt die Schutzquote seit dem ständig. Obwohl sich die Lage in Syrien sogar noch verschlimmert hat und sich die Gründe für eine Flucht nach Deutschland nicht geändert haben, bekamen 2017 nur noch 38,2% der Schutzsuchenden eine entsprechende Anerkennung. Bei 61% der Fälle wurde ein subsidiärer Schutzstatus vergeben.

 

Ein subsidiärer Schutzstatus bedeutet eigentlich nicht, dass Menschen weniger gute Gründe haben, vor der Verfolgung durch das Assadregime zu fliehen. Es bedeutet im Gegenteil, dass das deutsche Asylrecht und die Genfer Flüchtlingskonvention, die unter den Voraussetzungen der Nachkriegszeit entstanden sind, in der Gegenwart nicht immer zu der individuell unterschiedlichen Verfolgungssituation passen. Damit Schutzsuchende nicht durchs Raster fallen, hat der Gesetzgeber den Status des behelfsmäßigen “subsidiären” Schutzstatus geschaffen. Doch die Unterschiede in der Entscheidungspraxis in den vergangenen Jahren sind auffällig und legen den Verdacht nahe, dass sich hier nicht begründete Sachentscheidungen, sondern die zunehmend restriktive Politik in Sachen Flucht und Asyl widerspiegelt.

 

Für Betroffene macht der Schutzstatus einen entscheidenden Unterschied: Geflüchtete, die nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt sind, müssen nicht zur syrischen Botschaft gehen, um ihre Pässe verlängern zu lassen. Bei ihnen wird davon ausgegangen, dass es grundsätzlich nicht zumutbar ist, sich an eine Behörde ausgerechnet des Staates zu wenden, vor dessen Verfolgung sie ja nach Deutschland geflohen sind. Bei Geflüchteten mit subsidiärem Schutz ist es hingegen andersherum. Diese stehen umgekehrt in der Beweispflicht, dass ein Besuch der Botschaft jeweils in ihrem individuellen Fall nicht zumuten ist.

 

Die Berliner Ausländerbehörde hatte diese Angelegenheit bis Mai 2018 großzügiger gehandhabt und auch Personen mit subsidiärem Schutz Reisepässe für Ausländer als Ersatzdokumente ausgestellt. Doch nun hatte die Berliner Ausländerbehörde in Absprache mit der Senatsverwaltung für Inneres und Sport die Praxis entsprechend dem Vorgehen in anderen Bundesländern angepasst. Auslöser war nach Auskunft der Senatsverwaltung für Inneres die Initiative des Bundesministeriums für Inneres, welches im Zusammenhang mit einem ständigen fachlichen Austausch mit den Innenministerien der Ländern und den Ausländerbehörden großer Städte eine einheitliche Verfahrenspraxis angemahnt und eine entsprechende Änderung in Berlin erbeten hatte.

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