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Kein Geld für Völkermordbotschaften!

Bild: Klaus Ihlau
Bild: Klaus Ihlau

Protestaktion bei der Ausländerbehörde in Berlin am Donnerstag, den 26. Juli 2018, von 08:00 – 11:00 Uhr

Am Donnerstag, den 26. Juli 2018, demonstrieren AktivistInnen mit und ohne syrische Wurzeln mit einer Protestaktion bei der Ausländerbehörde gegen eine höchst problematische Verwaltungspraxis: Berliner Behörden verlangen immer häufiger von Geflüchteten aus Syrien die Verlängerung des Passes bei der syrischen Botschaft in Berlin. Diese Aufforderungen bringen Menschen, die vor dem syrischen Regime geflohen sind, in unmittelbare Gefahr. Zudem kommen auf diese Weise der Diktatur von Machthaber Assad erhebliche finanzielle Mittel zu. 

 

  • Was: “Kein Geld für Völkermordbotschaften!” - Protestaktion vor der Ausländerbehörde in Berlin
  • Wann: Donnerstag, den 26. Juli  2018 von 08:00 Uhr bis 11:00 Uhr
  • Wo: LABO Ausländerbehörde Berlin - Hauptstandort Berlin, Haupteingang, Friedrich-Krause-Ufer 24, 13353 Berlin
  • Wer: Berliner AktivistInnen mit und ohne syrischen Wurzeln
  • Bei der Protestaktion gibt es die Gelegenheit zur Bildberichterstattung

 

Eigentlich sollten Geflüchtete vor dem Zugriff der Behörden ihres Heimatlandes geschützt sein. Dass Menschen nun dazu genötigt werden, ausgerechnet die Auslandsvertretung des Staates aufzusuchen, vor dem sie nach Deutschland geflohen sind, ist eine bittere Konsequenz der gegenwärtigen Asylpolitik in Deutschland. Normalerweise geht man bei Personen, die vor dem syrischen Regime geflüchtet sind, davon aus, dass ihnen ein Besuch der syrischen Botschaft in Berlin nicht zuzumuten ist. Im Gegenteil: Wer sogar aus freien Stücken und ohne vorherige Aufforderung die syrische Botschaft in Berlin kontaktiert, kann seinen Anspruch auf Asyl verwirken. Besucht jemand, die oder der nach Deutschland geflohen ist, die Behörden des Heimatlandes, wird vermutet, dass sie oder er sich wieder dem Schutz des eigenen Staates anvertraut. Damit kann der Anspruch auf Asyl erlöschen.

 

Umgekehrte Beweislast zu Lasten von Menschen mit subsidiärem Schutzstatus

 

Anerkannte Asylbewerber und Flüchtlinge mit einer Anerkennung nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) sind theoretisch davon befreit, die Botschaft ihres Heimatlandes aufsuchen zu müssen. Dies gilt aber nicht für Menschen mit „nur“ subsidiärem Schutzstatus. Bei dieser Personengruppe gehen die deutschen Behörden davon aus, dass Ihnen ein Besuch der syrischen Botschaft grundsätzlich zuzumuten ist. Die Beweislast liegt bei den geflüchteten Mitbürgern. Wollen oder können sie die syrische Botschaft nicht aufsuchen, müssen sie ihre Gründe dafür ausführlich darlegen. Zusätzlich zu erlittenen Traumata geraten Menschen so in einen Rechtfertigungsdruck.    

 

Bis Mai 2018 galt in Berlin allerdings eine großzügige Regelung: Auch Menschen mit subsidiärem Schutzstaus wurde ein Reisepass für Ausländer aus Ersatzdokument ausgestellt. Diese Verfahrenspraxis ist nun entfallen:

 

„Syrischen Staatsangehörigen, die keinen von der Bundesrepublik Deutschland anerkannten gültigen Pass oder Passersatz besitzen, kann ab sofort nur noch dann ein deutscher Passersatz in Form eines Reiseausweises für Ausländer ausgestellt werden, wenn ein Pass oder Passersatz bei den syrischen Behörden nachweislich nicht auf zumutbare Weise erlangt werden kann (siehe § 5 Aufenthaltsverordnung).

 

Die als Flüchtlinge (im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention) oder Asylberechtigte anerkannten syrischen Staatsangehörigen erhalten weiterhin einen Reiseausweis für Flüchtlinge.“[1]

 

Nach Auskunft der Ausländerbehörde in Berlin hatte der Bund Druck gemacht und in der Hauptstadt eine Angleichung der Verfahrenspraxis an die Praxis in anderen Bundesländern angemahnt. Dem ist die Ausländerbehörde in Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Inneres und Sport nun nachgekommen.

 

Derzeit häufen sich aber auch Berichte, dass Geflüchtete aus Syrien in den unterschiedlichsten Lebenssituationen von Behörden dazu aufgefordert werden, ihre Pässe zu verlängern, wenn diese abgelaufen sind oder abzulaufen drohen. So kommt es immer wieder dazu, dass auch für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ein gültiger syrischer Pass verlangt wird. Doch das ist nach geltender Rechtslage eigentlich gar nicht erforderlich.[2] Derartige Aufforderungen schüchtern ein und sorgen für eine tiefe Verunsicherung.

 

Diese Praxis ist aus vielfachen Gründen höchst problematisch, denn:

 

  • In der syrischen Botschaft arbeitet der syrische Geheimdienst. Somit erfahren die syrischen Behörden den Aufenthaltsort und anderes über diejenigen, die in der Botschaft vorsprechen. Das kann vom Regime Verfolgte, die hier Zuflucht gefunden haben, sowie ihr persönliches Umfeld (auch in Syrien) in große Gefahr bringen.
  • Für Menschen, die einen Asylantrag stellen, kann ein Besuch der Botschaft des Heimatlandes ein erfolgreiches Asylverfahren gefährden. Denn die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Anerkennung als Asylberechtigte/r kann dadurch erlöschen.
  • Das syrische Regime verlangt für die Ausstellung oder Verlängerung eines Passes je nach Dringlichkeit einen Betrag von 165 und 725 Euro. Bei vielen hunderttausend Geflüchteten aus Syrien, deren Pässe abgelaufen sind oder in absehbarer Zeit ablaufen werden, entsteht auf diese Weise eine finanzielle Förderung des syrischen Regimes in dreistelliger Millionenhöhe!
  • Das syrische Regime stellt für syrische Bürgerinnen und Bürger Pässe jeweils mit einer Gültigkeit von nur wenigen Jahren aus. Solange das syrische Regime nicht gestürzt und durch eine legitime Übergangsregierung abgelöst worden ist, können viele Geflüchtete aus Syrien aber auf Jahre hinaus nicht in ihr Heimatland zurück. Geflüchtete sind bereits im Zuge des Aufnahmeverfahrens registriert und ihre Identität wurde festgestellt. Das reine Verstreichen einer willkürlich vom syrischen Regime festgelegten Gültigkeit eines Papiers ändert weder etwas an der Identität eines Menschen, noch an den Gründen seines Aufenthalts in Deutschland. Da es vor Mai 2018 offensichtlich im Ermessen der Berliner Ausländerbehörde lag, entsprechend unkompliziert Ersatzpapiere für Geflüchtete auszustellen, gibt es keinen zwingenden Grund, diese Praxis nicht fortzuführen.

 

Schließt Euch uns an und kommt zur Protestaktion vor der Ausländerbehörde (LABO) in Berlin am Donnerstag, den 26.07.2018 von 8:00 – 11:00 Uhr. Treffpunkt: Friedrich-Krause-Ufer 24, 13353 Berlin.

 

Vielen Dank!

 

 


[1] Quelle: "Passbeschaffung bei syrischen Staatsangehörigen", Internetportal des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), Berlin, den 30.04.2018, abgerufen am 24.07.2018: https://www.berlin.de/labo/willkommen-in-berlin/aktuelles/artikel.697419.php

[2] Quelle: "Informationen zur Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung", www.fluechtlingshelfer.info, abgerufen am 26.07.2018:  https://fluechtlingshelfer.info/fuer-engagierte/detail-spezielle-arbeitshilfen/news/informationen-zur-mitwirkungspflichten-bei-der-passbeschaffung/

 

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