Ein Beitrag von Jens-Martin Rode

Anlässlich des internationalen Weltfriedenstags der Vereinten Nationen (UN) am 21. September 2018 demonstrieren AktivistInnen mit und ohne syrischem Hintergrund in Berlin gegen den drohenden Krieg gegen die syrische Provinz Idlib. Dabei warnen sie vor einer bevorstehenden humanitären Katastrophe und prangern die Untätigkeit der Weltgemeinschaft angesichts des sieben Jahre andauernden Genozids sowie die strukturelle und institutionelle Unterstützung der UN Institutionen für das Regime von Baschar al-Assad an.
- Was: Save Idlib NOW! No War against Idlib!
- Wann: Freitag, den 21.09.2018 von 18:00 - 20:00 Uhr
- Wo: Breitscheidplatz - Gedächtniskirche, Berlin
- Wer: Berliner AktivistInnen mit und ohne syrischem Hintergrund
Friedensverhandlungen sind immer von einer Eskalation der Kämpfe begleitet worden
Auch wenn für die Region Idlib gerade eine demilitarisierte Zone ausgehandelt worden ist, wollen die InitiatorInnen gerade jetzt für die Menschen in Syrien auf der Straße stehen. Denn in der Vergangenheit sind solche Vereinbarungen immer gebrochen worden. Gerade im Zusammenhang mit Friedensverhandlungen gab es stets besonders heftige Bombardements und eine Eskalation der Kämpfe unmittelbar im Vorfeld.
In Gebieten wie Ost-Ghouta und Daraa, welche bereits zuvor zu “Deeskalationszonen” erklärt worden sind, haben die Waffen trotz internationaler Abkommen nie geschwiegen. Die Bevölkerung ist nach monatelanger Hungerblockade, täglichem Bombardement aus der Luft, den gezielten Angriffen auf Krankenhäuser und Hilfseinrichtungen und zum Teil auch dem Einsatz von Giftgas zur Aufgabe gezwungen worden. Am Ende hatten sie oft nur die Wahl zwischen einem Leben unter erneuter Kontrolle des Regimes und der Vertreibung durch Deportation. Wer nicht bleiben konnte, ist mit langen Kolonnen in grünen Bussen in die Region Idlib überführt worden.
In der jetzigen Situation gibt es aber keinen Ausweichort. Einem Angriff sind die derzeit bis zu 3 Millionen Einwohner der Region schutzlos ausgeliefert. Eine Flüchtlingsbewegung in Richtung der geschlossenen Grenze der Türkei wäre die Folge.
Blockade der UNO verhindert Frieden und Schutz der Bevölkerung
Für den 21. September eines jeden Jahres hat die UNO den Weltfriedenstag ausgerufen. Gerade am Beispiel Syrien zeigt sich aber, dass die derzeitige Verfasstheit der Vereinten Nationen vollkommen ungeeignet ist, um Diktatoren, ihre Verbündete und eine Vielzahl weitere Gewaltakteure daran zu hindern, Massenverbrechen an der Bevölkerung zu begehen. Die notwendige Ablösung von Baschar al-Assad, sowie ein wirksamer Friedensprozess und eine Strafverfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist im Fall Syrien immer zuverlässig im Sicherheitsrat der UNO blockiert worden. Der destruktiven Rolle Russlands und der modernen hybriden Kriegsführung Wladimir Putins konnte die Weltgemeinschaft bisher nichts entgegensetzen. Schlimmer noch: Institutionen der UNO haben dem Regime auch noch bewusst zugearbeitet, in dem sie es zuließen, dass z.B. jede einzelne Lieferung von Hilfsgütern von der Genehmigung durch das Regime abhängig gemacht worden ist.
“humanitäre Korridore” führen nirgendwohin, außer in die Folterkeller von Assad
Vollkommen inakzeptabel ist auch die jüngst geäußerte Forderung des UN Gesandten für Syrien, Staffan de Mistura, nach “humanitären Korridoren” für die Zivilbevölkerung in die vom Regime kontrollierten Gebiete. Das Regime hat stets unmissverständlich klar gemacht, dass Menschen, die nicht loyal zu Baschar al-Assad stehen, vernichtet werden. Angesichts der 80.000 Menschen, die in den Foltergefängnissen des Regimes verschwunden sind, ist eine derartige Drohung mehr als real. So führt das Regime umfangreiche Listen über Personen, die der Opposition nahe stehen, im Verdacht stehen, dem Regime nicht treu ergeben genug zu sein, oder sich einfach zur falschen Zeit in einer oppositionellen Gegend aufgehalten haben. Eine Übersiedlung in Regimegebiete ist für viele Menschen nichts anderes als ein Todesurteil.
Die Ablösung des Regimes und die Strafverfolgung der Massenverbrechen müssen Bedingung für den Wiederaufbau des Landes sein.
Eine Zukunft hat Syrien nur ohne das Regime von Baschar Al-Assad. Auch wenn wegen der militärischen Unterstützung Russlands eine zeitnahe Ablösung Assads wenig wahrscheinlich ist, muss sie immer wieder eingefordert werden. Denn die Strafwürdigkeit und das immense Ausmaß der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, welche dieses Regime an der eigenen Bevölkerung begangen hat, wiegt derart schwer, dass es die Regierung eines jeden Landes zur Mittäterin macht, wenn sie versucht, zum Assadregime wieder reguläre Beziehungen aufzubauen. Gerade die Bundesrepublik Deutschland darf sich ohne einen politischen Übergang in Syrien und ohne ein Strafgerichtsverfahren gegen das Assadregime nicht an einem Wiederaufbau des Landes Beteiligen.
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